Kapo Bern: Polizeiarbeit im Rotlichtmilieu

Die Kantonspolizei Bern wirkt mit regelmässigen Kontrollen und einem vertrauensvollen Umgang mit Personen im Rotlichtmilieu aktiv deren Ausbeutung und Missbrauch entgegen.

Dieser Beitrag gewährt Einblicke in jene Polizeiarbeit, die Schutz und Unterstützung für Sexarbeitende bietet.

Bei dem Gedanken ans Rotlichtmilieu stellen wir uns häufig eine diskrete Umgebung mit gedämpftem Licht und leicht bekleideten Frauen vor. Doch dieses Bild entspricht oft nicht der Realität, da das Rotlichtmilieu viel facettenreicher ist. An den unauffälligsten Orten befinden sich sogenannte Etablissements, in denen Personen gegen Bezahlung sexuelle Dienste anbieten. Alle, die dort arbeiten, bringen ihre eigene Geschichte mit – manche sind auf der Suche nach einem schnellen Verdienst, andere wiederum wurden durch Zwang und Erpressung in diese Situation gedrängt. Wie geht es diesen Personen und was hat sie dazu bewogen, diesen Weg einzuschlagen? Das herauszufinden, stellt für die Polizistinnen und Polizisten eine schwierige Aufgabe dar, die viel Fingerspitzengefühl und Verständnis erfordert. Dieser Beitrag bietet Einblick in die anspruchsvolle Polizeiarbeit in diesem Umfeld.

Schutz und Prävention durch Kontrollen

Seit rund vierzehn Jahren verfügt die Kantonspolizei Bern über eine Fachstelle im Bereich Rotlicht. Diese konzentriert sich auf die Identifikation von Personen im Rotlichtmilieu und führt Ermittlungen durch, um Fälle von Ausbeutung und Missbrauch aufzudecken. Zur Erreichung dieser Ziele führen Mitarbeitende der Kantonspolizei Bern regelmässige und stichprobenartige Kontrollen in verschiedenen Betrieben im ganzen Kanton durch. Die Polizistinnen und Polizisten kontrollieren die Betriebsbewilligungen der Etablissements und die Ausweise der Sexarbeitenden.

Im Kanton Bern sind nahezu alle im Rotlichtmilieu arbeitenden Personen Frauen. Davon stammen 95 Prozent aus dem Ausland. Jede zweite kontrollierte Sexarbeiterin besitzt die rumänische oder ungarische Staatsbürgerschaft. Auch Spanisch sprechende Frauen – vorwiegend aus dem südamerikanischen und dem karibischen Raum – arbeiten vermehrt in der Prostitution. Aufgrund des hohen Ausländerinnenanteils in diesem Arbeitsumfeld gilt es, auch administrative und rechtliche Fragen zu klären. Beispielsweise, ob die Frauen ausländerrechtlich korrekt angemeldet sind und über die entsprechenden Aufenthaltsbewilligungen verfügen. Neben der Durchführung der Personenkontrollen ist auch der Aufbau eines vertrauensvollen Verhältnisses zu den Sexarbeiterinnen ein wichtiger Aspekt der Polizeiarbeit. Dies führt dazu, dass sie eher dazu bereit sind, über ihre Arbeitsbedingungen oder ihre persönlichen Umstände sprechen, was ein effektives Vorgehen gegen Menschenhandel und Zwangsprostitution ermöglicht. Im Kanton Bern wurden im Jahr 2023 über 1200 Sexarbeiterinnen kontrolliert. Während den Kontrollbesuchen bleibt neben den geschäftsbezogenen Anliegen immer auch Raum für informelle Gespräche, in denen die Sexarbeiterinnen ihre Bedenken oder Fragen äussern können. Bei der Verständigung stellen Sprachbarrieren eine grosse Herausforderung dar.

Prostitution in der Schweiz

In der Schweiz ist die Prostitution seit 1942 legal. Sie bezeichnet das Anbieten und Ausführen sexueller Dienste in der Regel im Austausch gegen Bezahlung. Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern weltweit ist die Prostitution in der Schweiz durch sehr liberale Gesetze geregelt. Das Gesetz über das Prostitutionsgewerbe und die konkretisierende Verordnung regeln im Kanton Bern die Arbeitsbedingungen von Sexarbeitenden. Oft wird kritisiert, dass ein legalisiertes Sexgewerbe mangelnden Schutz für die betroffenen Personen bietet. Sie verfügen nur über eingeschränkte Rechte für Arbeitnehmer/-innen und sind häufig Stigmatisierung und vielfältigen Formen der Diskriminierung ausgesetzt.

Um dem entgegenzuwirken, hat das Bundesgericht in einem Urteil vom 8. Januar 2021 eine Änderung der bisherigen Rechtsprechung vorgenommen. Entgegen der bisherigen Auslegung können Verträge für sexuelle Dienstleistungen seit diesem Urteil nicht mehr als sittenwidrig eingestuft werden. Aufgrund der sich wandelnden gesellschaftlichen Ansichten wird die legale und freiwillige Prostitution als akzeptierte Tätigkeit angesehen. Als Folge davon sind Verträge mit Sexarbeitenden rechtskräftig, was ihnen ermöglicht, ihre Bezahlung vor Gericht einzufordern. Dies stellt einen zusätzlichen Schutz für die Sexarbeitenden dar, da es ihre rechtliche Stellung stärkt und ihre Ansprüche rechtlich durchsetzbar macht. Im Gegensatz dazu kann die Kundin oder der Kunde die nicht bzw. nicht vollumfänglich erbrachte Dienstleistung nicht einfordern.

Diese Entwicklung zeigt, dass Verbesserungen der Arbeitsbedingungen sowie Bemühungen zum Schutz der Sexarbeitenden angestrebt werden. Auch die Anstrengungen der Kantonspolizei Bern sollen dazu beitragen, Missbrauch und Ausbeutung zu bekämpfen und so die Rechte und die Würde der Sexarbeitenden zu achten.

Mehr zum Thema

 

Quelle: Blog der Kantonspolizei Bern
Titelbild: Symbolbild © Kantonspolizei Bern